"Das geheime Lebenselixir, das
alle Krankheiten heilt und unsterblich macht, ist noch nicht
erfunden", so begann Dr. Schirling ihren Vortrag, aber die
Hirnforschung habe in den letzten Jahren doch vieles herausgefunden,
was helfen kann, ein "gutes Leben" zu führen. Mit "gutem
Leben" ist dabei nicht ein Leben ohne Schwierigkeiten und
Schicksalsschläge gemeint, sondern ein Leben, das trotz solcher
Belastungen nicht dauerhaft aus der Balance gerät.
Dazu könne unser Gehirn, wenn wir es
"gut behandeln" Wesentliches beitragen.
Doch was ist dafür zu tun?
Anders, als man lange geglaubt hat,
lernt unser Gehirn auch im hohen Alter gern. Aber nur dann, wenn es
immer wieder herausgefordert wird und nicht ständig in den alten
Bahnen laufen muss.
Ein Hirnforscher hat dafür ein
anschauliches Bild gefunden: Wenn es geschneit hat, bildet sich rasch
ein Trampelpfad auf den Alltagswegen. Wenn man aber nie von diesen
Wegen abweicht, liegt der Schnee dort bald so hoch, dass man sich in
diesen Tiefschnee nicht mehr hinein traut.
Unser Gehirn hat viele Milliarden
Neuronen, mehr als es Sterne in der Milchstraße gibt, die feuern
ständig und schaffen, wenn sie dazu angeregt werden, mit
Neurotransmittern (Botenstoffen) neue Verbindungen, sogenannte
Synapsen untereinander.
Eine Frau, die erfuhr, dass sie
erblinden würde, entschloss sich, mit über 70 Jahren noch die
Blindenschrift zu erlernen. Mittels bildgebender Verfahren wurde ihr
Gehirn vorher und nachher untersucht und festgestellt, dass es im
Bereich des Tastsinns erheblich zugenommen hatte. Ähnliches zeigte
sich, als man einer Gruppe von älteren Frauen und Männern das
Jonglieren beibrachte. Im Unterschied zur Kontrollgruppe nahm ihr
Gehirn im Bereich des visuellen Assoziationscortex und des
Hippocampus, der Hirnregion, die für das Lernen wichtig ist, also in
den Bereichen des räumlichen Sehens und der Konzentrationsfähigkeit
enorm zu. Auch im alternden Gehirn können also neue Nervenzellen
gebildet werden (adulte Neurogenese).
Freilich, als die Gruppe nicht mehr
jongliert hat, ging das Gehirn in diesen Bereichen leider teilweise
wieder zurück.
Die durch Anregung neu gebildeten
Nervenzellen lernen schneller als die alten, sie können schneller
Synapsen ausbilden und auch wieder rückbilden, wichtige Faktoren für
unser Lernen und Erinnern. Deshalb sollte man sich auch im Altern
seine Neugier bewahren. Die ist es nämlich, die immer wieder neue
Anregungen schafft. Kinder im Alter von 5-6 Jahren fragen nicht
selten über 400 mal am Tag, Erwachsene, allenfalls 10 mal. Gesunde
Kinder lachen über 40 mal am Tag, während Erwachsene, wenn es hoch
kommt, dies nur 15 bis 20 mal tun.
Überdies kann das fröhliche
Infragestellen alter Denkgewohnheiten durch Kinder wie ein
Gesundbrunnen für alternde Gehirne wirken. Schließlich folgen wir
bei rund 40 Prozent unserer Handlungen nur alten Gewohnheiten, ohne
uns zu fragen, ob sie für die aktuelle Situation noch angemessen
ist.
Wenn man sich erst einmal darauf
eingelassen hat, dass man eben alt ist und dass deswegen vieles nicht
mehr möglich ist, dann versucht man gar nicht erst, das zu tun, was
sehr wohl noch möglich ist. In einem Experiment mit Studenten gelang
es in nur zwei Stunden, in denen sie mit negativen Begriffen
berieselt wurden, aus munteren lebenslustigen demotivierte Studenten
zu machen. Wie viel stärker muss es wirken, wenn man viele Jahre
lang geübt hat, zu resignieren.
Deshalb kommt alles darauf an, dass man
sich als alternder Mensch nicht von der übrigen Gesellschaft
abkapselt und sich gegenseitig in Klagen über die schlechte Welt und
Krankheiten in Resignation bestärkt.
Hier führte Frau Schirling die vier
großen B's ins Feld, die geistig beweglich halten und die
insbesondere der deutsche Neurobiologe und Hirnforscher Gerald Hüther
für wichtig hält:
1. Begegnungen und Beziehungen mit
anderen Menschen (nicht zuletzt solche, die Denkgewohnheiten infrage
zu stellen helfen)
2. Bewegung (Körperliche Aktivität
hilft den Dopaminspiegel (des Glückshormons) aufrechtzuerhalten.)
3. Bedeutung und Begeisterung (Alles,
was uns wichtig ist und wofür wir uns begeistern können,
mobilisiert neue Kräfte und stärkt unsere Gehirnleistung.)
4. Belohnung *(Jede Herausforderung, der
wir uns gestellt und die wir bewältigt haben, aktiviert einen Ort im
Gehirn, den Nucleus accumbens, der wiederum Botenstoffe aussendet,
die uns stärken und unsere Selbstheilungskräfte mobilisieren.)
"Es gibt zwar kein Elixier, das
ewiges Leben schenkt", schloss Marion Schirling, "aber wir
haben etwas Besseres: Es sind diese vier B's, mit denen unser Gehirn,
lebensklug und gut vernetzt, getrost alt werden kann, vorausgesetzt,
dass es sich weiter für die Themen des Lebens interessiert und
begeistert."
Zum Artikel im Bergsträßer Anzeiger vom 28.3.18
* Wie wir uns selbst belohnen können.
Zum Artikel im Bergsträßer Anzeiger vom 28.3.18
* Wie wir uns selbst belohnen können.
wurden in diesem Blog bereits am 14. März vorgestellt.
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