BENSHEIM. Lena leert verlässlich den Briefkasten und gießt die Blumen. Sie wirft noch einen Blick über den Gartenzaun und schaut nach dem Rechten. Nach seiner Rückkehr revanchiert sich der rüstige Urlauber und wird in ihrem Garten Hand anlegen.Maria ist zwar gut zu Fuß, aber nur beschränkt mobil. Sie setzt sich nicht gern hinters Steuer eines Autos und nutzt stattdessen den Mitfahrdienst von Vereinskollegen. Dafür passt sie auch gern mal ein Stündchen oder mehr auf die Kinder auf und erleichtert den Eltern den Einkauf.
Mit einem solchen Konzept des gegenseitigen und unbürokratischen Aushelfens macht die "Bürgerhilfe" seit vielen Jahren Schule. Am Mittwoch traf sich der Verein, der im Mehrgenerationenhaus in der Obergasse ein Zuhause gefunden hat, zur Jahreshauptversammlung im Caritasheim Sankt Elisabeth.
"Bürger
helfen Bürgern": Dass die Idee auch im vergangenen Jahr gelebt
wurde, dokumentierte der Jahresabriss, den der Vorsitzende Heinz
Lenhart letztmals zusammengestellt hatte. Er stand nach sechs Jahren
im Amt aus beruflichen Gründen nicht mehr für eine Wiederwahl zur
Verfügung. Als Gründungsmitglied zählt er zu den Urgesteinen des
Vereins, der 1997 aus der Taufe gehoben wurde. Seitdem war er auch im
Vorstand aktiv. Die Versammlung ernannte ihn nun zum Ehrenmitglied.
Eine Ausnahmefigur
Walter
Böhme bezeichnete ihn in seiner kleinen Laudatio als eine
"Ausnahmefigur", die sich in den sechs Jahren als
Vorsitzender und zuvor im Amt des Stellvertreters vor allem für die
unkonventionelle Hilfe für den Einzelnen stark gemacht habe.
Walter
Böhme tritt nun seine Nachfolge an. Als Stellvertreter wirkt Martin
Rau mit. Schatzmeisterin bleibt Ingrid Engelbracht, die dem Verein
seit 15 Jahren die Treue hält. Als Schriftführerin stellte sich
Andrea Rau zur Verfügung. Ingeborg Mack, Gundula Wagner und Marianne
Hoffmann komplettieren als Beisitzer den Vorstand. Als Kassenprüfer
fungieren der wiedergewählte Rudolf Gottschlich, der zuvor dem
Schatzmeisterin wie auch dem gesamten Vorstand gute Arbeit
bescheinigt hatte, und Fritz Heist.
Vielzahl kleiner Netzwerke
"Die
Bürgerhilfe hat sich von Jahr zu Jahr weiterentwickelt",
stellte Heinz Lenhart in seinem Rückblick fest. Sie habe sich zu
einer lebendigen Nachbarschaftshilfe entwickelt mit einer Vielzahl
kleiner Netzwerke untereinander. "Und nach einer guten
Nachbarschaft sehnt sich jeder". Denn sie hole die Menschen aus
der Einbahnstraße der Vereinzelung und Vereinsamung. Sie führe aus
der Anonymität zu neuen Bekanntschaften und Weggemeinschaften.
In
der knapp 200 Mitglieder großen "Familie der Bürgerhilfe"
hätten sich bereits kleine Netzwerke herausgebildet, die das
Miteinander hegen und pflegen. Wenn nun die Statistik von rund 2100
geleisteten Stunden an Hilfsdiensten spricht, bildet sie dabei nur
einen kleinen Teil dessen ab, was im Rahmen des Vereins unter
Freunden selbstverständlich übernommen wird, ohne im Punktesystem
akribisch registriert zu werden. Es zeichne die lebendige Dynamik
unter den Mitgliedern aus.
Nicht
nur während der Bürozeiten donnerstags zwischen 15.30 und 17.30 Uhr
im Mehrgenerationenhaus können Anfragen gestellt werden. Meldungen
auf dem Anrufbeantworter werden täglich abgehört.
Das
Konzept sieht vor, dass sich jedes Mitglied für eine Stunde im
nachbarschaftlichen Einsatz zwei Punkte gutschreiben lassen und mit
denen abgleichen kann, die er von seinen Vereinsfreunden in Anspruch
genommen hat. Jede Aktivität ist freiwillig.
Der
Verein will aber keine anonyme und bürokratische Schnittstelle im
Netzwerk zwischen Nachfrage und Angebot von Leistungen sein. Mit
gemeinsamen Unternehmungen, Projekten und Treffen zum Austausch will
man das gute Miteinander und die vertraute Atmosphäre pflegen. moni
Informationskasten:
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Unbürokratisch und schnell
RUND UM DIE BÜRGERHILFE
Der Verein "Bürgerhilfe" wurde 1997 geboren und wuchs in einem rasanten Tempo von 19 Mitgliedern auf der Gründungsversammlung auf heute knapp 200.
Das aus Amerika stammende Modell stieß in Deutschland seit Mitte der 80er Jahre in den Städten und Gemeinden auf zunehmende Resonanz. In dieser Form des bürgerschaftlichen Handelns bringen Menschen Zeit und ihre Fähigkeiten ein und profitieren in gleicher Weise. Das gelebte Miteinander setzt positive Akzente in der Gemeinschaft.
Das Leistungsangebot der Mitglieder der Bürgerhilfe ist breitgefächert. Es reicht von Hausarbeiten bis hin zur Hausaufgabenbetreuung oder Hilfe beim Verfassen eines behördlichen Briefes. moni
©
Bergsträßer Anzeiger, Samstag, 10.05.2014
Der neue Vorstand: von links nach rechts:
1. Reihe: Andrea Rau, Martin Rau, Ingeborg Mack, Walter Böhme
2. Reihe: Marianne Hoffmenn, Gundi Wagner, Ingrid Engelbracht, Heinz Lenhart (ehemaliger Vorsitzender und neues Ehrenmitglied)
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